Durch die Wüste nach Jerusalem

Studienreise der Bischöflichen Akademie Aachen im November 2019 durch Jordanien und Israel

(c) Katrin Rieger
Datum:
Do. 19. Dez. 2019
Von:
Katrin Rieger
Fast zwei Wochen reisten 27 Teilnehmer/innen unter Leitung von Akademiedozentin Dipl.-Theol. Katrin Rieger durch die Wüsten von Jordanien und Israel bis nach Jerusalem, lernten Wüstenvölker längst vergangener Zeiten kennen und begegneten unterschiedlichen Menschen, die heute in und mit der Wüste leben.
 

In der Wüste entstanden viele Geschichten, die Grundlage der drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam wurden. Die entscheidenden Glaubenserfahrungen der Bibel wurden fast alle in der Wüste gemacht und so spannt auch die Bibel immer wieder im Alten und Neuen Testament den Bogen von der Wüste nach Jerusalem.

Einen ausführlichen Reisebericht finden Sie im Folgenden.

 

Achlan we sachlan! (Herzlich willkommen!)

Nach Reisesegen und Flug nach Amman begann die Studienreise an der Pilgerkarte des Heiligen Landes aus dem 6. Jh. in Madaba in Jordanien. Die schon im Alten Testament erwähnte Stadt Madaba war in byzantinischer Zeit Bischofssitz und ist heute eine überwiegend christlich geprägte Stadt in einem muslimischen Land. Die ca. 1.500 Jahre alte Landkarte, ein Fußbodenmosaik, zeigt biblische Ortschaften von Ägypten bis Syrien und mittendrin Jerusalem, das auch Ziel unserer Reise sein wird. Wir fahren über die schon in alttestamentlicher Zeit genutzte Königsstraße bis zum Dana Nationalpark, machen erste Begegnungen mit der Wüste und trinken einen ersten von unserem Beduinen-Guide über dem Lagerfeuer traditionell zubereiteten Tee.

 

Petra (c) Katrin Rieger
Petra

Zu Gast in der Felsenstadt Petra

Weiter geht es nach Wadi Musa (Tal des Mose) - heute eine Hotelstadt für Touristen, die das antike Petra besuchen. Am Ortseingang schöpfen wir Wasser an der Quelle, die schon im Altertum die Wasserversorgung für das antike Petra gewährleistete. Nach jüdischer Tradition lag hier die Lagerstätte des Mose, eine Tradition, die von der Alten Kirche und später auch vom Islam übernommen wird. Nach traditioneller Überlieferung soll die Quelle am Ortseingang von Mose selbst aus dem Fels geschlagen worden sein.

Am nächsten Morgen gelangen wir durch die Felsenschlucht – den Siq – bis zum Schatzhaus, dem bekannten Wahrzeichen der Stadt Petra. Die Nabatäer, ein Wüstenvolk, dass durch den Fernhandel mit Luxusgütern durch unwirtliche Wüstengegenden in der Antike zu Reichtum gekommen war, hat hier, hinter Felsen verborgen, eine Stadt errichtet, deren einstige Pracht sich nur erahnen lässt.

Vom Gipfel des Hohen Opferaltars gewinnen wir einen Überblick über das Gelände. Der Opferaltar selber ist auf jenen Berg hin ausgerichtet, auf dem heute in einem muslimischen Heiligtum die Grabstätte Aarons verehrt wird. Unterwegs begegnen wir Beduinen, die auf dem weitläufigen malerischen Gelände in Petra in Höhlen und Zelten wohnen, auch wenn der jordanische Staat in den 80er Jahren versuchte, die Beduinen in festen Häusern außerhalb anzusiedeln.

Auch am zweiten Tag in Petra wählen wir Wege abseits der Touristenströme und können über mehrere Stunden die Stille und Weite der Wüste erfahren. Nur eine Ziegenherde kreuzt unseren Weg. Nicht immer ist der Weg einfach zu gehen und schnell lernen alle: durch die Wüste kommt man nur gemeinsam. Alle reichen einander hilfreich die Hände, wenn schwierige Passagen zu überwinden sind.

Wadi Rum (c) Katrin Rieger
Wadi Rum

Mit Beduinen unterwegs im Wadi Rum

Von Petra aus reisen wir weiter ganz in den Süden Jordaniens ins Wadi Rum, ins biblische Midian. Wir erkunden die Landschaft mit Jeeps, erfahren einiges über die Geschichte der Region und bewundern alte Felsinschriften. Dann verlassen wir mitten in der Wüste die Jeeps. Das letzte Stück zu unserem Wüstencamp, in dem wir heute Nacht zu Gast sein werden, laufen wir zu Fuß.

Bei Sonnenuntergang feiern wir einen Gottesdienst und lauschen den biblischen Erzählungen von Mose in Midian und dem Brennenden Dornbusch. Nach einem traditionellen in einer Erdgrube gegarten Abendessen erklingen am Lagerfeuer Beduinen-Geschichten, später werden Lieder gesungen, ehe sich alle nach und nach in ihre Zelte zurückziehen. Am nächsten Morgen stehen wir früh auf – ein Teil der Gruppe will mit Kamelen zurückreiten.

Dann nehmen wir Abschied und überqueren die Grenze nach Israel.

Schalom!

Der moderne Touristenort Eilat am Roten Meer mit seinen Hotels und Boutiquen ist ein Kontrastprogramm zur Wüste. Geld wird getauscht, Essen gekauft, einige gehen baden. Doch bald schon geht es weiter.

 

Unterwegs (c) Katrin Rieger
Unterwegs

Ein Kibbuz in der Wüste

Im Wüstenkibbuz Elifaz werden wir herzlich empfangen. Wir brechen auf zu einer Landwirtschaftstour in die Wüste. Im Sommer können die Temperaturen hier bis auf 50 °C ansteigen. Und auch hier macht sich die globale Klimaveränderung bemerkbar: die Luft wird feuchter. Falterarten, die es bisher hier nicht gab, werden heimisch. Wir besichtigen mit Salzwasser bewässerte Dattelhaine, deren Früchte vor allem in den Export in arabische Länder gehen, laufen durch Gewächshäuser mit Paprika- und Gurkenpflanzen, dürfen selbst Maiskolben ernten und werden mit Tee aus vor Ort angebauten Kräutern bewirtet.

Bei einem Rundgang durch das Kibbuz diskutieren wir über das hundert Jahre alte Ideal dieses sozialistischen Lebensmodells, in dem alle gemeinsam in der Landwirtschaft arbeiten und alle alles miteinander teilen. Auch in Israel wurde diese Lebensweise in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr hinterfragt, hinzu kamen wirtschaftliche Schwierigkeiten vieler Siedlungen. Viele Kibbuzim mussten aufgeben, andere haben sich umorganisiert, junge Leute mit neuen Ideen gewonnen und eigene Wege gefunden. Der Rundgang gibt viel Gesprächsstoff auch für den späteren Austausch mit unserer israelischen Reiseleiterin, die selber als Mitglied in einem Kibbuz lebt.

 

Timan
Timan

Zeltheiligtum in der Wüste

In Timna, einer der ältesten Kupferabbaustätten der Welt, beginnen wir mit einer Führung durch einen messianischen Juden in der sogenannten Stiftshütte - ein Nachbau einer Stiftshütte nach biblischer Beschreibung. Später besichtigen wir die von Archäologen freigelegten Reste eines midiantischen Zeltheiligtums aus dem 12. Jh. v. Chr., in dessen Allerheiligsten sich u.a. eine kupferne Schlange, wie sie auch in der biblischen Erzählung von Mose vorkommt, fand. Wir sprechen, diskutieren, denken nach über die biblischen Überlieferungen, die Entstehung biblischer Texte, die Religionsgeschichte der Region und die modernen Auslegungen der alten Texte.

Wadi Zin (c) Katrin Rieger
Wadi Zin

Wüstenwanderung durchs Wadi Zin

Auf einer Wanderung durch den wasserführenden Canyon des Wadi Zin lernen wir Pflanzen der Wüste kennen. Ganz am Ende der Schlucht kommen wir an einer alten Einsiedlerhöhle vorbei, ehe wir auf Leitern hinauf aus dem Wadi klettern. Geier kreisen über den hohen Kalkfelswänden.

 

Unterwegs in der byzantinischen Stadt Schivta

Wir laufen durch die Wohnviertel der antiken Stadt Schivta, die von den uns nun schon vertrauten Nabatäern errichtet wurde. Wir singen in alten Kirchen und sprechen im Baptisterium über die frühchristliche Taufe. Im Atrium einer Kirche diskutieren wir über die Säulenheiligen in byzantinischer Zeit. Eine kleine Moschee zeugt von der Besiedlung in frühislamischer Zeit, ehe die Stadt ganz aufgegeben wurde. Die Region um die Stadt nutzen die Nabatäer für den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten, was ihnen durch Auffangen und Speichern der Niederschläge und geschicktes Ausnutzen des Morgentaus gelang. So besichtigen wir auch eine alte Weinpresse.

 

Solarthermische Kraftwerk (c) Katrin Rieger
Solarthermische Kraftwerk

Landwirtschaftliche Forschung im Negev

Ganz in der Nähe begann auch die neuzeitliche Erforschung der Wüstenlandwirtschaft in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Wir sind in einer modernen landwirtschaftlichen Wüstenforschungsstation zu Gast. Gleich in der Nähe des neuen und größten solarthermischen Kraftwerks der Welt besichtigen wir Gewächshäuser, in denen ganz unterschiedliche Nutzpflanzen für Ernährung und Medizin wachsen. Hier sollen die vermeintlichen Nachteile der Wüste in Vorteile verkehrt werden. Wir lernen, dass die Bewässerung mit salzhaltigem Wasser bei einigen Pflanzen süßere Früchte hervorbringt, dass Tomaten hier härtere Schalen ausbilden und deshalb besser für Transport und Lagerung geeignet sind und dürfen selber Snack-Gurken und Erdbeeren ernten und probieren.

 

Rahat – eine moderne Beduinenstadt

Am nächsten Tag besuchen wir die moderne Beduinenstadt Rahat. Zu Gast bei einer lokalen Organisation, einem Stadtrundgang und bei Besuchen vor Ort erfahren wir einiges über die Kultur der Beduinen und die Herausforderungen, die die moderne Gesellschaft für die alten Strukturen mit sich bringt.

 

Tempel Tel Arad (c) Katrin Rieger
Tempel Tel Arad

Tel Arad und der Tempel des JHWH

Im nördlichen Negev besuchen wir die Ausgrabungen auf Tel Arad und den hier gefundenen JHWH-Tempel. Ein großer Stein (Mazzebe) im Allerheiligsten repräsentiert die Anwesenheit Gottes. Ausgräber hatten ursprünglich zwei Steine gefunden, doch seit einigen Jahren wird der Tempel nur noch mit einem Stein rekonstruiert. War der zweite Stein eine Repräsentanz der Göttin Aschera, die wir aus zeitgenössischen Quellen als Partnerin des Gottes JHWH kennen und die auch im Tempel von Jerusalem verehrt wurde?

Mit einem Bad im Toten Meer und spät am Abend mit biblischen Geschichten rund ums Tote Meer endet auch dieser Tag.

 

 

 

 

 

En Gedi (c) Katrin Rieger
En Gedi

Ein Wanderung wie im Paradies – Unterwegs in En Gedi

Am Morgen wandern wir ein letztes Mal durch die Wüste. Wir sind am Toten Meer unterwegs in En Gedi, was übersetzt soviel heißt wie: "Quelle des Böckleins" - ein kleines, natürliches Paradies mit vielen Wasserfällen, Steinböcken und Klippdachsen mitten in der Wüste. Der Ort wird im Hohen Lied der Bibel besungen, hier versteckte sich David in einer Höhle und auch in den verheißungsvollen Bildern von der paradiesischen Endzeit beim Propheten Ezechiel wird En Gedi genannt.

 

 

 

 

 

 

 

Jerusalem (c) Katrin Rieger
Jerusalem

Ankunft in der Heiligen Stadt Jerusalem

Vorbei an den Höhlen von Qumran und an Jericho fahren wir nun hinauf nach Jerusalem. An einem Picknickplatz mit Blick auf Jerusalem hören wir die Geschichte, wie Abraham (Abram) nach Jerusalem (Salem) kommt und der Priester Melchisedek ihm entgegeneilt und mit Brot und Wein begrüßt. Auch wir teilen Brot und Wein miteinander, ehe wir in die Stadt ziehen, um an der Westmauer (Klagemauer) mitzuerleben, wie Juden und Jüdinnen aus aller Welt fröhlich den Schabbat begrüßen.

Am nächsten Tag entdecken wir bekannte und unbekannte Orte in Jerusalem außerhalb und innerhalb der Altstadtmauern, entlang der Via Dolorossa, in der Grabeskirche und über den Dächern der Altstadt. Nach einem Vortrag über die das biblische Jerusalem am Abend klingt auch der letzte Tag aus. Am Sonntagmorgen laufen wir noch einmal quer durch die Altstadt Jerusalems vom Herodestor bis zum Zionstor und der deutschsprachigen Benediktinerabtei Dormition Abbey. Nach dem Sonntagsgottesdienst heißt es "Lehitraot" und Abschied nehmen und bald schon sitzen wir in Tel Aviv im Flugzeug. Hinter uns liegen erlebnisreiche Tage.

Die Reise wurde in Zusammenarbeit mit "SK Tours in Nature" und "Tobit Reisen zwischen Himmel und Erde" durchgeführt. Unsere Guides waren Nasr Ibdah in Jordanien und Brigitte Keshet in Israel.

Allen ein ganz herzliches Dankeschön!