mein Arbeitsweg zur Akademie führt mich an einem Fachgeschäft entlang, in dem man alles für den Hund kaufen kann: Leine und Halsband, Spielzeug, Pflegeprodukte, Näpfe und natürlich auch Leckerli. Auf einem der Schaufenster ist Werbung für Hundefutter aufgeklebt mit dem Hinweis: „Füttern mit gutem Gewissen.“ Spätestens hier begegnet mir zum ersten Mal am Tag unser Jahresthema „Flügel und Gewissen“.
Der Schaufensterslogan kam mir als Assoziation ins Bewusstsein, als ich eine Rede des Bundespräsidenten zu 75 Jahren Grundgesetz nachhörte, „Eine gemeinsame Kraftanstrengung für unsere Demokratie“: „In einer Zeit, in der die demokratische Ordnung nicht mehr von allen als selbstverständlich hingenommen wird, in der die Zweifler lauter werden, in der die erklärten Gegner dieser Ordnung an Zustimmung gewinnen, muss aber die Formel von der wehrhaften Demokratie mehr sein als nur ein Lippenbekenntnis. Ich glaube, sie enthält konkrete politische Handlungsaufträge. Und ich möchte gern einige – nur ganz kurze – Impulse für die Debatte formulieren. Wir müssen, erstens, unsere Demokratie besser, nachhaltiger vor Extremisten schützen. […] Vor allem aber müssen wir Mittel und Wege finden, um gegen Netzwerke vorzugehen, die verfassungsfeindliche Ideen füttern, finanzieren und verbreiten.“
Raphaela Kell, Resilienzforscherin, mit der wir oft, gern und immer konstruktiv bei unseren Veranstaltungen zu tun haben, beschreibt es anschaulich entlang der bekannten Parabel von den zwei Wölfen, dem hellen und dem dunklen: Welchen man füttert, der wird groß und stark. Sie beschreibt, welches Futter dem hellen Wolf der Gesellschaft bekommt und was ihn stärker macht: „Spaltungen, Diffamierungen, Rechthaberei und Intoleranz werden schwieriger, wenn wir vielfältige Perspektiven ein- und annehmen lernen und wenn wir – offen für neue ‚Wahrheiten‘ oder Standpunkte – einander zuhören, ohne zwanghaft sofort die eigenen Position unterbreiten und Recht behalten zu wollen.“
Dies passt zum Beispiel zur Reihe „Politische Liebe“, aus der wir auch in diesem Monat eine Veranstaltung anbieten und mit der wir versuchen, mit Netzwerken des engagierten Miteinanders gegen populistische Destabilisierung anzugehen. (Kleiner Fun Fact: Augustinus, um den es neben Hannah Arendt hierbei geht, beschrieb in einer Weihnachtspredigt Anfang des fünften Jahrhunderts, Jesus in der Krippe sei „Futter“ für die Menschen geworden.)
Mit gutem Gewissen füttern.
Wir freuen uns an Ihrem offenen Austausch in unseren Räumen. Wir haben den Anspruch, Sie dafür nicht mit Gehaltlosem abzuspeisen. Wir bieten Ihnen mentales Futter an und auch Seelennahrung. Einige von Ihnen haben manches Lieblingsgericht bei uns schon gefunden, nicht zuletzt, weil Sie durch Ihre Rückmeldung die Speisekarte mitgestalten. Wir verwenden in unserer Mischung Nährstoffe, die kräftigend für eine Gesellschaft sein sollen und sie mit konstruktiven Gedanken füttern. Mit gutem Gewissen und mit Liebe.
Wohl bekomm’s und weiterhin guten Appetit auf unser Programm wünscht im Namen des Teams der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen
Dr. Angela Reinders, Direktorin |