bei einem Teamtag entstand die Idee, dass wir uns auf die (zu dem Zeitpunkt) drei Jahre zu unserem Akademiejubiläum 2026 mit wechselnden Jahresthemen in Kombination mit dem „Gewissen“ leiten lassen möchten.
Letztes Jahr waren das die Flügel. Wir hatte einige heiße Kandidaten für die drei Pünktchen vor dem „… und Gewissen“ bei uns an der Pinwand, doch noch kein Aha-Erlebnis. Bis dann die Meldung ankam: Das Jahr 2025 ist ein „Heiliges Jahr“. Papst Franziskus hat es im gewohnten Rhythmus von 25 Jahren ausgerufen. Damit besannen wir uns auf das Bild der Muschel, Zeichen der Pilgerschaft. Die Akademie ist mit dem Zeichen der Muschel ausgewiesen als Pilgerherberge der Deutschen Jakobus-Gesellschaft.
Das Heilige Jahr kommt buchstäblich „jedes Jubeljahr“ einmal vor. Das biblische „Jubeljahr“ aus dem Buch Levitikus ist nämlich das Vorbild. Alle sieben mal sieben Jahre, also im Sabbatturnus, erfahren Menschen körperliche Freiheit, Schulden werden erlassen. Sklaven werden aus dem Dienst entlassen und dürfen zu ihrer Familie zurückkehren. Alle 50 Jahre werden soziale Bedingungen wieder auf ein gemeinsames Niveau gesetzt und Menschen können neu beginnen.
Die Muschel ist ein Zeichen für das Leitwort „Pilger der Hoffnung“. Sogar in den Augen des Maskottchens „Luce“, an dessen Darstellung im Manga-Stil sich die Geister scheiden, schwimmen Muscheln.
Für nächstes Jahr verbinden sich unsere Inhalte unter dem Symbol der Muschel dann erstaunlich gut mit dem Gewissen.
Muscheln schützen sich mit Schalen vor Bedrohungen der Außenwelt. Einerseits ist das lebensnotwendig, auch das Gewissen hat die Schutzfunktion, zu filtern, was die eigenen Werte bedroht. Andererseits erlebt die Gesellschaft gerade nach der überstandenen Corona-Pandemie, wie sich Menschen voneinander und der Außenwelt abschotten. „Wir müssen die empfangene Hoffnungsfackel weiter brennen lassen und alles tun, damit alle wieder die Kraft und die Gewissheit zurückgewinnen, um mit offenem Geist, Zuversicht und Weitsicht in die Zukunft zu blicken“, begründet der Papst die Wahl des Pilgermottos in seinem Ankündigungsbrief für das Heilige Jahr.
Muscheln schwimmen, wenn sie sich in Bewegung setzen, jedenfalls ist das die Fortbewegungsart der Pilgermuschel. Das Gewissen kann sich weiterentwickeln und fortbewegen. Die Richtung entscheidet: Viele derjenigen, die aus politisch extremistischen Netzwerken ausgestiegen sind, berichten, dass sie keine einzige Person in ihrem Umfeld mehr kannten, die anderer Meinung war. Es war ihre rettende Gewissensentscheidung, wieder gegen den Strom zu schwimmen, der sie dorthin getragen hatte, und sie fanden neuen Halt in neuen weltanschaulichen Lebensräumen.
Muscheln finden auch Halt. Sie bilden selbst die sehr zugfesten Byssusfäden, um sich damit am Untergrund aus Stein oder Sand zu befestigen. Für die so genannte „Muschelseide“ haben sie Eiweiß und Eisen in ihrem Stoffwechsel. Gerät der aus dem chemischen Gleichgewicht, so verlieren sie den Halt. Die Sauberkeit der Meere hängt nicht zuletzt von menschlichen Gewissensentscheidungen ab.
Muscheln sind ein Zahlungsmittel, wie Münzen. Lebensbedingungen von Armut und Hunger, so der Papst in der Verkündigungsbulle zum Heiligen Jahr, „Spes non confundit“ („die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“), vgl. Römerbrief 5,5, sollen „unser Gewissen aufrütteln“, um ein menschenwürdiges Leben für alle zu schaffen.
Muscheln leben. Der Papst macht unter dem Zeichen der Pilgermuschel aus dem Heiligen Jahr ein Aktionsjahr gegen Todesstrafe, wir schließen uns mit Veranstaltungen an. Vor allem verstehen wir uns mit Ihnen als eine Art Lebensgemeinschaft von Menschen, die mit wachem Interesse im Austausch untereinander ihr Gewissen weiterentwickeln möchten.
Dazu laden wir Sie 2025 mit unserem Jahresthema „Muschel & Gewissen“ herzlich ein: Schutz und Bewegung des Gewissens ausreichend in Einklang bringen, Halt finden, wenn man gedanklich ins Schwimmen gerät, gemeinsam sozialethische Aspekte in den Blick nehmen und das Zusammenleben gut gestalten.
Im Namen des Teams der Bischöflichen Akademie wünsche ich Ihnen ein gutes, gesegnetes, friedliches und hoffnungsvolles Jahr 2025,
Dr. Angela Reinders, Direktorin |