Liebe Interessierte an der Arbeit unserer Akademie, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Gäste,
das persische Märchen „Die drei Prinzen von Serendip“ (z.B. nacherzählt von Susanne Brandt zu finden: https://waldworte.eu/2017/11/04/sonntagsmomente-die-drei-prinzen-von-serendip-oder-vom-glueck-der-unerwarteten-augenblicke) handelt von beiläufigen Wahrnehmungen und was sie bewirken: Die Königssöhne aus Serendip, dem heutigen Sri Lanka, gehen mit wachen Sinnen auf Reisen. Was sie eher unbeabsichtigt wahrnehmen, hilft schließlich einem aufgeregten Kaufmann, sein verlorengegangenes Kamel wiederzufinden.
Ein Zeitsprung ins 18. Jahrhundert: Am 28. Januar 1754 schickt der englische Schriftsteller Horace Walpole seinem Freund einen Brief, um die Freude über seine unerwartete Entdeckung an einem Gemälde zu beschreiben. Weil es gar kein Wort gibt, das ihm dafür groß genug und passend scheint, erfindet er es kurzerhand: den Begriff „serendipity“, abgeleitet von eben diesem Serendip. Von da aus scheint er seinen Weg ins Wörterbuch gefunden zu haben. Mitte des 20. Jahrhunderts sucht Robert K. Merton, im Oxford Dictionary nach einem Wort, das mit Se- beginnt. Warum auch immer er das tut: Er findet „serendipity“. Weil Merton einer der ersten Wissenschaftssoziologen ist, findet das Wort Eingang in seine Welt, um wissenschaftliche Zufallsfunde damit beschreiben zu können : Röntgen entdeckt die nach ihm benannte Strahlung. Fleming das Penicillin, Marie Curie die Radioaktivität.
„Dabei ist ein Glücksfund kein bloßer Zufallsfund, denn eine theoretische Bereitschaft für den Fund ist gleichsam seine Voraussetzung. Serendipity in der Sozialforschung meint genau dieses theoretische Bereitsein für das Beiläufige und das Unbeabsichtigte, das Gespür für den richtigen Augenblick“, wie die Soziologin Inga Haese beschreibt, um von da aus die Zukunft in eine andere Bahn zu lenken.
Für die „Zukunft“ kennt die lateinische Sprache zwei Begriffe: „futurum“ und „adventus“. Das sind zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen. Der Dogmatikprofessor Gisbert Greshake hat es aus theologischer Perspektive beschrieben: „futurum“ ist das, was sich vom heutigen bekannten Zustand aus planbar weiterentwickelt, „adventus“ hingegen ist das, was aus der noch unbekannten Zeit, die vor uns liegt, auf uns zukommt, als Geschenk, das Gott den Menschen macht.
Darum die Hoffnung auf die Geburt Jesu Christi im „adventus“, in der Zeit, in der wir hoffen und erwarten, aber noch Unbekanntes auf uns zukommt.
Advent braucht ein Gespür dafür, wann es denn so weit ist: Wann ist Gott da? Wie lässt er sich erkennen? Wo ist er zu entdecken, vielleicht wie beiläufig? Serendipity ist eine adventliche Fähigkeit, bereit zu sein für das kleine Gesicht Gottes im Neugeborenen, für das, was unerwartet Herberge bei mir sucht, für den Stern, der anders leuchtet. Ein kleines Beispiel dafür aus dem Adventskalender „Sternenstaub“ der Evangelischen Arbeitsstelle midi (https://www.mi-di.de/materialien/sternenstaub) von Evamaria Bohle: „Bei mir hing der Stern vor einigen Jahren im Spamfilter. Eine E-Mail. Nicht an mich persönlich. Ein größerer Verteiler. Betreff: Neue Leute fürs Stadtkloster gesucht. Ich las, und etwas funkelte auf in mir. Wer weiß, vielleicht hatte ich einen Stern gesehen. Zwei Jahre später zog ich um“ in die Communität Don Camillo, ins Stadtkloster Segen in Berlin.
Serendipity: für die Weltpolitik eine dringend notwendige Fähigkeit. Wo ist die Gelegenheit in der Ukraine auf einen Friedensschluss, wo im Nahen Osten der eine Moment, der alles ändern könnte? Wenn er kommt: Diesen richtigen Augenblick darf um Gottes willen niemand verpassen.
Wir wünschen Ihnen einen gesegneten Advent, eine friedliche Weihnacht, viele solcher unbeabsichtigter Momente sowie die Gabe, sie zu erkennen, für sich selbst und für die Welt.
Im Namen des Teams der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen
Dr. Angela Reinders, Direktorin
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