Kirche und koloniales Erbe

Die Rolle und Beteiligung der Kirchen, auch der katholischen, am Kolonialismus ist bisher nur unzureichend erfasst und aufgearbeitet. Doch hat der postkoloniale Diskurs Denkprozesse in Theologie, Kirchen und Gemeinden angestoßen. Wie kann eine erfolgreiche Aufarbeitung der Kolonialgeschichte gelingen? Was ist bisher geschehen und muss noch geschehen? Erstmalig haben sich hier mehrere Akademien der Bistümer zu einer Tagung zusammengeschlossen, um das Thema in den Fokus zu rücken.
Die Tagung richtet sich sowohl an hauptamtlich Mitarbeitende, Multiplikator:innen, politisch Interessierte und Ehrenamtler:innen der deutschen Mehrheitsgesellschaft als auch an BIPoCs, Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete.
Streaming der Panels
Die Vorträge der Panels am Donnerstag, 15. Mai 2025, können kostenfrei über YouTube gestreamt werden.
Link zum Youtube-Livestream: https://youtube.com/live/GJlehnBCHww
Bei Fragen, Problemen oder Anmerkungen zum Livestream wenden Sie sich bitte an: laura.buettgen@bistum-aachen.de.
Programm
Donnerstag, 15. Mai 2025
12.15 Uhr Anmeldung, Ankommen, Imbiss
12.45 Uhr Begrüßung und Einführung
Dr. Laura Büttgen, Dr. Daniela Kalscheuer, Emilene Wopana Mudimu, Wilfriede Stallmann
13.30 Uhr Warm up
Marianne Pötter-Jantzen
14.15 Uhr
Panel I: Historische und postkoloniale Perspektiven auf Kirche und Kolonialismus in Deutschland (hybrid)
Dr. Sebastian-Manès Sprute, Prof. Dr. Aram Ziai
15.15 Uhr Diskussion und Austausch
16.00 Uhr Kaffee und Kuchen
16.15 Uhr
Panel II: Perspektiven zur Bedeutung von Kolonialismus und Mission für Kirche und Gesellschaft (hybrid)
Dr. Fana Schiefen, Dr. Raoul Bagopha
17.15 Uhr Diskussion und Austausch
18.00 Uhr Abendessen
20.00 Uhr Abendprogramm
„Dahomey“: eine kritische Filmbetrachtung
Dr. Daniela Kalscheuer
Freitag, 16. Mai 2025
08.00 Uhr Frühstück
09.00 Uhr Morgenimpuls
09.30 Uhr Workshops
1 Einstieg: Sensibilisierungstraining – „Und jetzt ich?"
Marianne Pötter-Jantzen
2 Vertiefung: Werkstattbericht & „How to“-Anleitung
Dr. Sebastian-Manès Sprute, Dr. Daniela Kalscheuer
3 Forum: Postkolonialismus und katholische Gemeinden - Herausforderungen und Chancen
Judit Alema, Fratho Sonka
12.15 Uhr Mittagspause
13.00 Uhr Abschluss, Auswertung, Ausblick
Dr. Laura Büttgen, Dr. Daniela Kalscheuer
13.30 Uhr Ende der Tagung
Die Referierenden und ihre Vorträge
Dr. Sebastian-Manès Sprute arbeitet momentan an der Aufarbeitung der Provenienz der Missionssammmlung des Evangelisch-Lutherischen-Missionswerkes Niedersachsen in Hermannsburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der (Post-)Kolonialen Provenienzforschung, der Kolonialgeschichte West- und Zentralafrikas und der kulturwissenschaftlichen Zeitforschung.
Vortrag: "Und brich in Satans Reich mit Macht hinein" - Mission und koloniale Kulturguttranslokation
In den Missionsmuseen und -sammlungen Deutschlands befinden sich noch heute zahlreiche außereuropäische Kulturgüter aus der deutschen Kolonialzeit. Die in den zumeist nur wenig bekannten Sammlungsinstitutionen verwahrten Bestände bestehen dabei nicht selten aus einer Vielzahl an in spiritueller Hinsicht hochgradig sensiblen Objekten, die im Sinne der zeitgenössischen Vorstellung eines "Missionskrieges“ zu "Gefangenen“ gemacht wurden. Eine in dieser Hinsicht zentrale und in wohl allen Missionssammlungen präsente Objekt- bzw. Subjektkategorie stellt dabei diejenige der figürlichen Ahnenrepräsentationen dar, oft als „Götzen“ oder „Fetische“ geringeschätzt. Der Vortrag veranschaulicht die Rolle der Mission bei der kolonialen Kulturguttranslokation am Fallbeispiel des Exodus von Ahnenreliquiarfiguren aus dem deutsch-kolonialen Südkamerun und sucht die Problematiken im Umgang mit derart sensiblen Objekten, insbesondere in Hinsicht auf deren Restitution, zu skizzieren.
Prof. Dr. Aram Ziai, Professor für Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien, Direktor des Global Partnership Network, Universität Kassel
Vortrag: Dekolonisierung der Entwicklungszusammenarbeit
Entwicklungszusammenarbeit entstand Mitte des 20. Jahrhunderts als neue Form der Partnerschaft zwischen globalem Norden und globalen Süden, zu einer Zeit, als sich der Kolonialismus dem Ende zuneigte. Was also gibt es da zu "dekolonisieren"? Der Vortrag identifiziert einige koloniale Elemente und Versuche, diese zu überwinden.
Dr. Fana Schiefen ist Studienrätin im Hochschuldienst für Systematische Theologie und ihre Didaktik am Institut für katholische Theologie an der Universität zu Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Rassismuskritische und Postkoloniale Theologien, Gedächtnistheorien und Erinnerungskulturen, Philosophie der Dekonstruktion, Säkularisierungsprozesse, Religionskritik und Religiöse Indifferenz.
Vortrag: Postkoloniale Glaubensverantwortung. Einblicke in die systematisch-theologische Auseinandersetzung mit postkolonialer Kritik
Die christlichen Theologien stellen sich vermehrt der Aufgabe, ihr koloniales Erbe zu reflektieren. Sie beschäftigen sich mit dem kritischen Aufdecken noch immer wirksamer kolonialer Machtstrukturen und vor allem mit deren theologischer und kirchlicher Legitimierung. Dazu gehört auch eine systematische Auseinandersetzung der europäischen (und nicht mehr eurozentrischen) Rezeption postkolonialer Studien. Im Vortrag werden erstens wichtige Begriffe und Methoden postkolonialer Diskurskritik eingeführt, zweitens theologische und kirchliche Legitimierungsstrategien kolonialer Machtstrukturen freigelegt und drittens ausgewählte Rezeptionen post- und dekoloniale Ansätze innerhalb der Theologie vorgestellt. Vor diesem Hintergrund sollen Chancen und Herausforderungen für die gegenwärtige Theologie diskutiert werden.
Dr. Raoul Bagopha, geboren und aufgewachsen in Kamerun, studierte Politikwissenschaften und arbeitet als Regionalreferent in der Abteilung für internationale Zusammenarbeit des Bischöflichen Werks Misereor. Er ist Mitglied verschiedener Arbeitsgruppen zum Thema Dekolonialisierung innerhalb und außerhalb von Misereor.
Vortrag: Kolonisierte sind nicht ohnmächtig!
Kolonialismus wird im Allgemeinen als Synonym für eine Ideologie verwendet, die durch das Binom Kolonisator als Herrscher und Kolonisierte als Beherrschte gekennzeichnet ist. Diese Auffassung von Kolonialismus hat eine solide Grundlage. Gleichzeitig gilt es, die Falle des vereinfachenden Diskurses zu vermeiden, der manchmal mit dem Begriff des Kolonialismus einhergeht. Der vorliegende Beitrag ist ein Plädoyer für einen differenzierten Diskurs über Macht, der sich auf den Begriff der Ambivalenz konzentriert. Der Fokus liegt auf Kolonisierten Menschen und Gemeinschaften, ihrer Handlungsmacht, ihrem Widerstandswillen und dem smarten Umgang mit dem kolonialen Erbe.
Die Workshops und ihre Leitungen
1
Marianne Pötter-Jantzen, Referentin für Politik und Globale Zukunftsfragen, Misereor
Einstieg: Sensibilisierungstraining - Und jetzt ich?
Dieser Workshop richtet sich an weiße Personen, die sich neu mit dem Komplex koloniale Kontinuitäten und Rassismus befassen. Wir reflektieren unbewusste Prägungen und Vorannahmen und loten nächste Schritte auf einem anti-rassistischen Weg aus.
2
Dr. Sebastian-Manès Sprute, Ethnologe und Afrikawissenschaftler,
Dr. Daniela Kalscheuer, Filmhistorikerin und Dozentin bei Haus am Dom - Katholische Akademie Rabanus Maurus
Vertiefung: Wo Schatten ist, da ist auch Licht? – Ein Werkstattbericht
Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte und letztlich auch die Restituierung von geraubten Kulturgütern scheitert nicht zuletzt bis heute auch daran, dass die hierfür notwendigen multiplen Perspektiven und Akteure kaum in den Prozessen abgebildet werden können. Zudem wirken die kolonialen Ungleichheiten bis heute nach. Wie kann ein solcher Prozess gelingen? Am Beispiel des Pallottinerordens soll in einem Werkstattbericht über den Stand eines solchen Aufarbeitungsprozess Auskunft gegeben werden.
3
Judit Alema, Politikwissenschaftlerin
Fratho Sonka, Diplomtheologe, Abteilung Weltkirche im Bischöflichen Generalvikariat Münster, Seelsorge in anderen Sprachen und Riten, Beauftragter für die Katholischen Ostkirchen
Forum: Muttersprachliche Gemeinden im Kontext von Kirche und koloniales Erbe- Herausforderungen und Chancen
Awareness
Sollten Sie während der Veranstaltung Diskriminierungserfahrungen machen oder Gesprächsbedarf haben, steht Ihnen entweder im Veranstaltungsraum oder auch bei Bedarf in einem separaten Raum
Emilene Wopana Mudimu
zur Verfügung.
Förderung
Die Arbeitsgemeinschaft Katholisch-Sozialer Bildungswerke e.V. (AKSB) ist anerkannter Träger der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).



Organisatorisches
Veranstalterinnen
Akademie Franz Hitze Haus, Münster, Haus am Dom - Katholische Akademie Rabanus Maurus, Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen, Katholische Akademie des Bistums Hildesheim und Bischöfliche Akademie des Bistums Aachen
Leitung
Dr. Laura Büttgen, Dozentin, Bischöfliche Akademie
Referent:innen
Dr. Sebastian-Manès Sprute, Ethnologe und Afrikawissenschaftler
Marianne Pötter-Jantzen, Referentin für Politik und Globale Zukunftsfragen, Misereor
Prof. Dr. Aram Ziai, Professor für Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien und Direktor des Global Partnership Network, Universität Kassel
Dr. Fana Schiefen, Katholische Theologin, Universität zu Köln
Dr. Raoul Bagopha, Misereor- Referent
Judit Alema, Politikwissenschaftlerin
Fratho Sonka, Diplomtheologe, Abteilung Weltkirche im BGV Münster, Seelsorge in anderen Sprachen und Riten, Beauftragter für die Katholischen Ostkirchen
Dr. Laura Büttgen, Dozentin und Moderatorin der Tagung
Dr. Daniela Kalscheuer, Filmhistorikerin und Moderatorin der Tagung
Kosten
94,50 € Seminarbeitrag und Verpflegung ohne Übernachtung und Frühstück / 74,50 ermäßigter Preis*
Eine Übernachtung mit Frühstück kann hinzugebucht werden:
54,50 € (Einzelzimmer)
40,50 € (Doppelzimmer bei Belegung durch zwei Personen)
* Die Ermäßigung gilt für Schüler:innen, Studierende (bis zur BAföG-Fördergrenze, das Studium wurde also vor Vollendung des 45. Lebensjahres begonnen), Auszubildende, Bundesfreiwilligendienste sowie Empfänger:innen von Grundsicherung und Arbeitssuchende. Bitte legen Sie einen Nachweis zu Beginn der Veranstaltung vor.
Den Tagungsbeitrag zahlen Sie bitte bei Ankunft an der Rezeption, bar oder per EC-Karte (keine Kreditkarten).
Anmeldung
Bitte melden Sie sich über das Anmeldeformular auf dieser Seite an.
Bei Rückfragen erreichen Sie uns unter:
0241 47996-25
Bischöfliche Akademie
Leonhardstraße 18-20
52064 Aachen
Anmeldeschluss: 06.05.2025
Alles rund um die Anmeldung und die Stornierung finden Sie in unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.